Grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen vor dem EuGH

von RA Kalenberg

Das Verwaltungsgericht Stuttgart (Az. 14 K 3142/16) hat mit Datum vom 18. Oktober 2018 dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die grenzüberschreitende Verbringung von gemischtem Altpapier mit einem Störstoffgehalt von bis zu 10% der Pflicht zur vorherigen Notifizierung unterliegt.

Im Ausgangsfall soll ein Gemisch aus (restentleerten) PPK, Verbunden auf PPK-Basis und bis zu 10% Störstoffen (Flüssigkeitskartons, Kunststoffe, Metalle, sonstiges) in die Niederlande exportiert werden. Der niederländische Staatsrat hat entschieden, daß das Altpapiergemisch trotz des genannten Störstoffanteils nach der sog. „Grünen Liste“ der Abfallverbringungsverordnung (VO (EG) Nr. 1013/2006) deklariert werden kann. Die deutsche Exporteurin des Altpapiers vertritt nun unter Berufung auf dieses niederländische Urteil die Auffassung, dass der grenzüberschreitende Transport des Altpapiers auch aus Baden-Württemberg ohne vorherige Durchführung des kosten- und zeitaufwendigen Notifizierungsverfahrens nach Art. 4 der Abfallverbringungsverordnung zulässig sei. Anders sieht dies die dafür zuständige Sonderabfallagentur Baden-Württemberg. Sie führt an, das Altpapiergemisch lasse sich nicht vollständig einem der Einzeleinträge des Basel-Codes B3020 zuordnen, es gebe keinen Auffangtatbestand für Gemische unterschiedlicher Provenienz und Zusammensetzung.

Grundsätzlich gilt: Bestimmte reine Altpapierchargen unterliegen dem Eintrag B3020 der „grünen Liste“, ebenso ein Gemisch aus solchen (reinen) Altpapieranteilen. Denn nach Art. 3 Abs. 2 der Abfallverbringungsverordnung unterliegt auch die Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen (nur) den allgemeinen Informationspflichten gemäß Art. 18 VVA, sofern es Gemische aus in Anhang III aufgeführten Abfällen sind, und diese Gemische in Anhang IIIA aufgeführt sind.

Konkret fragt nun das VG Stuttgart, ob Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1013/20061 dahingehend auszulegen ist, dass Gemische aus Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren, deren Abfallanteile jeweils für sich betrachtet dem Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens unterfallen, aber zusätzlich einen Anteil von bis zu 10 % Störstoffen aufweisen, ob diese Gemische dennoch dem Basel-Code B3020 unterfallen und damit den allgemeinen Informationspflichten gemäß Art. 18 und nicht der Notifizierungspflicht gemäß Art. 4 unterliegen.

Die Entscheidung des EuGH ist von großer Bedeutung für die grenzüberschreitende Verbringung von werthaltigen Abfällen. Denn bisher wird zumeist jeder Störstoffanteil als Ausschlußgrund für eine Einstufung nach der „Grünen Liste“ angesehen. Das europäische Recht kenne keinen Störstoffanteil und keine Bagatellgrenzen. Die Entscheidung des EuGH steht noch aus (Az. C-654/18).

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